Donnerstag, 2. Juni 2011

Ankündigungen: Ekspress, Kommentar, Tartu

Heute ist im Eesti Ekspress ein kurzer Fragebogen erschienen, den ich ausgefüllt habe. Es geht darum, welche/r/s Buch, Film, Musik mich in letzter Zeit bewegt hat. Wenn der Text im Internet zu sehen ist, werde ich an dieser Stelle den Link posten.

Außerdem möchte ich darauf aufmerksam machen: Zum Post "Tramm" gibt es einen wirklich lesenswerten Kommentar.

Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Tartu, wo ich heute Abend im Deutschen Kulturinstitut das Stadtschreiberprojekt vorstellen und einige Texte aus diesem Blog vortragen werde. Mit einem Post zur zweitgrößten Stadt Estlands ist also zu rechnen ... Bis bald!

Mittwoch, 1. Juni 2011

Der Saal mit der schwarzen Decke

Wie es sich 1989 angefühlt hat, in der Harju-Straße 1 zu wohnen, hat Irja Grönholm in ihrer ersten E-Mail beschrieben. Wie ich den gleichen Ort mehr als zwanzig Jahre später erlebe, unterscheidet sich davon durchaus. Und doch ahne ich nun, wie es gewesen sein könnte. Denn fünf Tage lang musste ich nur über den Hinterhof laufen, um das Literaturfestival „HeadRead“ zu besuchen.

Der Saal mit der schwarzen Decke (Musta laega saal) wurde für das Fest üppig mit orangener Löcherfolie dekoriert und empfing so herausgeputzt bestens gelaunte Gäste. Die meisten machten es sich in kleinen Grüppchen an runden Tischen gemütlich, manche lehnten weiter hinten an Stehtischen und wer gerade lieber selbst diskutieren als zuhören wollte, setzte sich im Vorraum auf die Heizung und beobachtete das Geschehen aus dem Augenwinkel. Als Verpflegung gab es Piroggen, Säfte und Bier.

So wie im Stundentakt jeweils andere Menschen auf der Bühne saßen, änderte sich auch das Publikum. Mal platzte der Saal mit der schwarzen Decke aus allen Nähten, mal hatten sich nur ein paar Dutzend Eingeweihte zusammengefunden. Familien mit Kindern, die junge Generation in Blumenkleidern und Cordhosen, Ehepaare, ältere Herrschaften, sie alle kamen und gingen und hatten offenbar wirklich Lust auf Literatur.

Zumindest für diese Tage hat der Vergleich mit dem Taubenschlag seine Gültigkeit zurückerhalten.


Maarja Kangro (rechts) kündigt Robert Service (links) und Mart Laar an.
Foto: Kärt Kukkur

Montag, 30. Mai 2011

Treten Sie ein!

Der ein oder andere Leser erinnert sich vielleicht, dass Eduard ihm im zweiten Post schon begegnet ist. Da spazierte er mit einer Gruppe Lehrerinnen über den Domberg. Eduard Kohlhof ist Stadtführer und sagt, wenn man Tallin wirklich kennenlernen will, muss man seine Nase hineinstecken. Sich nicht mit dem Vorbeigehen begnügen, sondern in die Hinterhöfe schauen, einen Umweg einplanen, höflich fragen, ob man eintreten darf.

Neulich war Eduard einen ganzen langen Abend mein persönlicher Stadtführer. Zuerst sind wir in einem Stadtturm herum geklettert. Man betritt den Turm durch eine Tür, im Erdgeschoss können Touristen Töpferwaren kaufen. Von dort führt eine Wendeltreppe in das Büro einer Meisterschule für Keramik. Vor den hohen schmalen Fenstern stehen Schreibtische, voll mit schönen Dingen und Skizzen. Noch eine Etage höher wird manchmal gefeiert, darauf deuten Kissen und Teelichter hin. Schließlich führt eine schmale dunkle Steintreppe zum letzten Boden. Der Raum ist leer. Wir schieben ein Brett zur Seite und stoßen vorsichtig eins der Holzfenster auf. Der Wind bläst hinein und trägt etwas Möwendreck davon, der sich unter dem Fenster angesammelt hat. Der Blick wagt sich hinaus und verschlingt Türme, Dächer, Wolken, die ganze wunderbare Stadt.

Dann besuchen wir die ukrainische griechisch-katholische Kirche. Das verwinkelte Speicherhaus ist erst dann als Gotteshaus zu erkennen, wenn man den kleinen Glockenturm oben auf dem Dach bemerkt. Eine Besuchergruppe lässt sich eine Ausstellung über galizische Ostereier erklären – eine der vielen kleinen feinen Veranstaltungen des Kulturhauptstadtjahres. Wir bestaunen Werkstätten, in denen geschnitzt, getischlert, Papier geschöpft wird. Dann den kleinen Garten im Hinterhof, voller Blumen und Skulpturen. Und in der Küche treffen wir Anatolij, der als Gemeindeoberhaupt all dies auf die Beine stellt und nun auf einem alten Steinofen für die Gäste des Abends Kartoffeln schmort.

Zum Schluss schlendern wir durch Kalamaja. In einem besonders hübsch hergerichteten, pastellgelb gestrichenen Haus befindet sich ein Informationszentrum, in dem sich Hausbesitzer zum Thema nachhaltiges Renovieren beraten lassen können. An diesem Abend findet ein Workshop statt. Es geht darum, welche Lasuren für welches Holz geeignet sind. Neugierig tauchen die Teilnehmer ihre Pinsel in die Farbtöpfe und ich kann mir gut vorstellen, wie sie bald ihre eigenen vier Wände streichen werden.

Mit nach Hause nehme ich das Gefühl, dass die Kulisse dem Blick hinter sie standhält.



Freitag, 27. Mai 2011

Zum Wochenende ...

... wartet auf den, der mag, viel Lesestoff!

Seit heute gibt es unter der Rubrik "Briefwechsel" endlich richtig viel zu lesen. Deshalb an dieser Stelle der Hinweis für alle, die die Seite noch nicht bemerkt oder schon lange nicht mehr besucht haben: Anschauen!

Ich freue mich, dass es auf den neuen Seiten schon viel Interessantes zu entdecken gibt und hoffe, dass die Briefwechsel diesen Blog und das ganze Stadtschreiberprojekt um weitere schöne und spannende Facetten bereichern.

Mein Dankeschön geht an die Briefpartner, die sich auf dieses Projekt einlassen. Und allen Lesern meines Blogs wünsche ich viel Spaß und/oder Freude bei der Lektüre!

Mittwoch, 25. Mai 2011

Blumen vor der Stadt

Am Freitag beginnt das Blumenfest, das „Lillefestival“. Gärtner und Architekten aus verschiedenen Ländern gestalten 31 Miniaturgärten zu den Themen „Nationalornamente“ und „Küstengärten“, die drei Monate lang den Platz der Türme schmücken werden. Die Vorbereitungen für das Fest sind schon seit Tagen nicht zu übersehen. Egal, wann ich vorbeikomme, immer sind dort Menschen beschäftigt, pflanzen, hämmern, buddeln. Die Kinder im Schlepptau und mit Klapphockern und Thermoskannen ausgerüstet, machen sie aus den Wiesenflächen ein großes Freiluftwohnzimmer.

Mit den Gärten direkt vor den Toren der Stadt knüpft das Blumenfest an frühere Zeiten an. Denn die Bürger Revals besaßen früher meist auch ein Grundstück außerhalb der Stadt, wo sie Gemüse anbauen konnten, ein paar Tiere weiden lassen. In der jüngeren Vergangenheit, so berichten die Tallinner, war der Platz der Türme ein Grünstreifen, den man eilig passierte. Doch seit dem Jahr 2009 holt das „Lillefestival“ die Blumen zurück an die Stadtmauer – und mit den Blumen die Menschen.


P.S. Wer wissen will, wie die Gärten vor der Stadt früher aussahen, sollte einen Blick auf die Homepage des Kadrioru Parks werfen.

Montag, 23. Mai 2011

Aus der Ferne


Um Städte wie Tallinn kennenzulernen, ist es gut, sie zwischendurch zu verlassen. Gestern habe ich also mit dem Rad die Viimsi-Halbinsel nördlich von Tallinn erkundet. Auf Höhe des Strands von Pirita, wo das Segelzentrum der Stadt liegt, beginnt die Silhouette Tallinns sich zu verändern. Das dichte Zusammenspiel von Kirchen und Hochhäusern zieht sich auseinander, aus der einen Stadt werden zwei. Rechts das vertraute Ensemble von Olaikirche, Nikolaikirche und Domberg. Links die Skyline kühn konstruierter Hochhäuser.

Früher muss Tallinn aus der Ferne ganz anders beeindruckt haben. Wenn bei der Einfahrt in den Hafen die Türme der Kirchen und der Domberg sich aufgerichtet haben, waren die Verhältnisse zurechtgerückt, stolz empfing die Stadt ihre Besucher. Heute können die Menschen wählen, welcher Stadt sie sich anvertrauen wollen, ob dem alten Reval oder der neuen Innenstadt, die seit dem Ende der 1990er Jahre erbaut wurde.

Mit dem Sonnenuntergang ergibt sich am Strand von Pirita ein eigenartiger Effekt. Die letzten Strahlen lassen die verspiegelten Fassaden der Hochhäuser golden leuchten. Klar treten sie aus der Silhouette hervor, während die Altstadt bereits in einen Dämmerschlaf zu fallen scheint. Wer stiehlt hier wem die Show? Die eine Stadt putzt sich im letzten Tageslicht heraus, ihre Schwester legt sich zur Ruhe, wie sie es seit Hunderten von Jahren am Ende des Tages zu tun pflegt.

Freitag, 20. Mai 2011

Mein Fahrrad, Tallinn und ich


Schon seit einer Woche bin ich glückliche Besitzerin eines Fahrrads und gehöre damit zu dem kleinen aber unerschrockenen Kreis von Radlern, die sich gerade daran machen, die Stadt zu erobern. Hier eine Aufnahme im Hafen von … Kalamaja.