Samstag, 17. September 2011

Zur Zeit


Das ist ein Schornsteinfeger respektive ein Kaminkehrer. Er rennt unweit meiner Wohnung über die Suur-Karja-Straße. Ich glaube, er hat es eilig, er schaut immer auf die Uhr bei dem Café.

Auch ich laufe in diesen Tagen der Zeit hinterher, deshalb schreibe ich so wenig in meinem Blog. Ich bin mit den letzten Vorbereitungen für die Foto-Ausstellung beschäftigt, die ab dem 26. September hier in Tallinn zu sehen sein wird und später auch in Deutschland. Die Foto-Ausstellung ist nach dem Blog der zweite Teil des Stadtschreiberprojekts. Seit Mitte Mai habe ich Motive gesammelt, versucht, die Menschen zum Mitmachen zu motivieren, und viele organisatorische Dinge geklärt. Das war nicht immer leicht. Zwischendurch ging es mir wie dem Mädchen mit den Blütenblättern: Es klappt. Es klappt nicht. Es klappt. Es klappt nicht. Es klappt. Es klappt nicht.

Es klappt wohl doch. Weitere Informationen zu der Ausstellung folgen in Bälde. Vielleicht ist ja der eine oder andere Leser in diesem Herbst in Tallinn und hat Zeit und Lust, sie anzuschauen? Ich freue mich, dass es klappt und dass ich die Ausstellung heute endlich ankündige. Denn dieser September soll, wie gesagt, ein Monat der Vollendungen werden.

Kein schönes Ende nahm indes die Geschichte „Mein Fahrrad und ich“. Mein Fahrrad wurde mir in der Nacht zum Mittwoch geklaut. Sie haben im Hinterhof einfach das Schloss aufgeschnitten. Das ist sehr schade. Und außerdem renne ich der Zeit nun wirklich hinterher. Zuvor bin ich ihr eher hinterher geradelt, da war ich schneller.

Vielleicht hätte ich dem Schornsteinfeger öfter an seinen Jackenknopf fassen sollen? Viele Passanten machen das. Der oberste Knopf ist schon ganz blank poliert. Und der Schornsteinfeger strahlt ob dieser Zuneigung bis über beide Backen. Aber nein, ich will nicht behaupten, dass ich Pech gehabt hätte. Im Gegenteil. Wenn ich das nächste Mal beim Bronzemann vorbeikomme, werde ich ihm zuzwinkern.

4 Kommentar(e):

Thomas Willerich hat gesagt…

Das ist wirklich sehr schade, daß Dir so kurz vor dem Ende Deines Aufenthalts in Tallinn noch so ein Unglück wie mit dem Fahrrad widerfahren ist. Ich hoffe (und bin mir auch ziemlich sicher), daß es Deine Erinnerungen an die letzten Monate nicht allzu sehr negativ beeinflußt.

PS. Weißt Du schon, in welchen deutschen Städten Deine Photoausstellung zu sehen sein wird?

Anonym hat gesagt…

Oh je,
es ist ja schon 5 vor Zwölf (zumindest auf dem oberen Bild) da bleibt ja wirklich nicht mehr viel Zeit für das, was in der Stadtschreiberei-Zeit noch erledigt werden muss.

Das mit dem Rad ist wirklich gemein. Obwohl es wohl fast ein Glück war, das es nicht schon früher geklaut wurde. Bei einem Spaziergang durch das Rotermann-Viertel ist mir aufgefallen, welch hohen Status die Fahrräder für einige Stadtbewohner in Tallinn besitzen. Dort waren mehrere Räder - wohl auch die etwas hochpreisigeren - quasi als Ausstellungsstück auf den Balkonen präsentiert. Viele Fahrräder waren indes noch nicht auf Tallins Straßen zu sehen - wenn man z. B. einen Vergleich mit München zieht. Für mich ist das auch noch ein Erbe der Sowjet-Zeit. Aus meinen Erinnerungen an Russland würde ich schließen, dass dort das Radfahren eigentlich fast gar keine Bedeutung hatte und immer noch nicht hat. Stattdessen waren dort viele Menschen zu sehen, die einfach zu Fuß unterwegs waren, zumindest bis zum nächsten Bus, was oft schon ziemlich weit war. Bei dem grausligen Straßenzustand und auch dem Auspuff-Gestank, der zu Sowjet-Zeiten allerorten gegeben war, ist es aber auch kein Wunder, das niemand mit dem Rad fuhr.

Allerdings ist auch aus meiner Sicht und meiner Erfahrung das Fahrrad ideal, um Tallinn zu erkunden. Fahrradwege gibt es schon einige, und der Verkehr ist eigentlich gemäßigt, die Esten rasen in der Regel nicht (finde ich).

Sarah Jana Portner hat gesagt…

Hallo Thomas,

naja, wie sagt man so schön: Ärgerlich, aber kein Unglück!

Nein, ich weiß noch nicht, wann und wo meine Ausstellung in Deutschland zu sehen ist. Aber alle Neuigkeiten zur Ausstellung werden natürlich beizeiten auf dieser Stadtschreiber-Seite zu finden sein.

Sarah Jana Portner hat gesagt…

Hallo italiano,

aber wirklich: „Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?“

Ja, wenn man so will, wurde mir das Rad zu einem günstigen Zeitpunkt geklaut. Denn immerhin einen ganzen Sommer lang gehörte ich zu dem zwar kleinen aber unerschrockenen Kreis von Radlern, der sich gerade daran macht, die Stadt zu erobern. Nein, es sind nicht viele Menschen auf dem Rad in Tallinn unterwegs. Aber es werden immer mehr.
Und ich stimme Dir voll zu: Tallinn ist kein schlechtes Pflaster, um es mit dem Rad zu entdecken. Gut, auf den Straßen ohne Fahrradspur wollte ich nicht einfach fahren, die waren mir dann doch zu voll. Deshalb wich ich auf den Gehsteig aus, wo ich (manchmal) die Fußgänger störte und wo mich die hohen Bordsteinkanten nervten. (Abgesenkte Bordsteine vor Fußgängerüberwegen sind hier eher die Ausnahme als die Regel.) Aber abgesehen davon: Mit dem Rad war ich so viel schneller und flexibler unterwegs als mit Bus oder Tram. Und: Morgens über den Kulturkilometer auf die Halbinsel Paljassaare, das Rad am Strand ablegen, Schwimmen gehen, wieder zurück, kräftig in die Pedale treten, um warm zu werden, und dann auf ein Zimtschnecken-Frühstück in die wunderbare Bäckerei in Kalamaja einkehren … Wie hätte ich das mit dem Auto oder mit dem Bus machen wollen?

Deshalb hier noch ein Tipp für alle, die Tallinn radelnd erkunden wollen: In der Touristeninformation gibt es eine gute kostenlose Fahrradkarte. (Auf der übrigens auch mehrere Radwege für das Jahr 2012 versprochen werden …) Gilt nicht nur für Touristen, gilt auch die Menschen, die hier wohnen...

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