Mittwoch, 7. September 2011

Ein bisschen mehr in Kadriorg

Kadriorg ist der Stadtteil Katharinental, ein ursprünglich russisches Viertel, das Anfang des 18. Jahrhunderts entstand, als Peter der Große für seine Frau Katharina ein kleines Schloss errichten ließ und sich die Arbeiter in ihren Holzhütten einrichteten. Hier verlief im 19. Jahrhundert die Grenze zwischen Stadt und Sommerfrische, Kurgäste flanierten am Strand und hinter dem Palast bauten sich die ersten Menschen ein Häuschen im Grünen.

Kadriorg ist immer noch ein bisschen mehr, so wie wenn eine Trüffelpraline auf dem Sachertortenstück liegt. Hier ist alles ein bisschen süßer, verspielter, üppiger. Es gibt nicht nur einen großen Park mit alten Eichen und Kastanien, sondern auch noch einen Teich mit Springbrunnen, auf dem die Schwäne herumschwimmen. Hier ist so manche Türe eher ein Portal und mehr als ein Häuschen im Geheimen eine Villa. Holzschnitzereien umrahmen wie Spitzengardinen die Fenster und bunte Glasornamente schmücken Erker und Wintergärten. Alles sieht so frisch gestrichen aus. Es gibt einen Rosengarten mit weißen Bänken und die Blumen im Beet sind als Nationalornamente gepflanzt. Immer wieder lassen sich Brautpaare beobachten, mit einem Fotograf im Schlepptau. Mann und Frau posieren zwischen Schilf und Schwertlilien und die Kinder bohren in der Nase. Am Wochenende gehen die Menschen, die im nahen Lasnamäe wohnen, hier spazieren und machen Picknick auf den Wiesen. Das Kindermuseum ähnelt dem Petersdom in Rom, ist nur viel, viel kleiner und wer es betreten will, muss seine Schuhe ausziehen und auf Strumpfsocken weiterlaufen. Aus einem offenen Fensterchen guckt schon seit Monaten ein weißer Stoffhase hervor. Und die Autofahrer müssen auf querende Eichhörnchen Acht geben.

Kadriorg ist ein bisschen wie das Polly-Pocket, das ich mal besessen habe. Oder wie eine Kreuzung aus Ostheimer-Figuren und Barbie-Picknick-Mobil. (Wenn sich jemand mit Spielwaren auskennt.)

4 Kommentar(e):

Thomas Willerich hat gesagt…

Eichhörnchen... Auf einer der Ausfallstraßen Tallinns in Richtung Süden (ich denke, es war die Staatsstraße 4) stand oder steht vielleicht immer noch ein Straßenschild mit einem süßen Eichhörnchen im roten Warndreieck: Vorsicht auf den nächsten sechs Kilometern! Dieses Schild gibt's in der deutschen Straßenverkehrsordnung bestimmt nicht...

Nicoletta hat gesagt…

Heute Morgen dachte ich mir, dass ich - bevor der Berufsalltag wieder weiter geht - erst noch nachschaue, ob es Neues von der Stadtschreiberin gibt. Gab es! Diesen Post zu lesen fand ich direkt entspannend... Der Arbeitstag konnte beginnen!
Gibt es vielleicht einen "Nachtrag zu: Ein bisschen mehr in Kadriorg" mit noch mehr Fotos?

Tathi hat gesagt…

Das Kindermuseum ist wunderbar!

Da wird die Welt, so wie sie die Kinder haben wollen, von der Welt der Erwachsenen draußen durch die Eingangstüre klar getrennt. Und während sich draußen Brautpaare (vielleicht auch etwas angespannt) ablichten lassen, spielen die Kinder drinnen Fotograph und verstecken sich hinterm Einstelltuch. Sie setzen sich Feine-Dame-Hüte auf und haben dabei ein wunderbares Lächeln im Gesicht. :-)

Sarah Jana Portner hat gesagt…

Hallo Thomas,

genau diese Achtung-Eichhörnchen-Schilder meine ich, die stehen eben auch in Kadriorg. (Allerdings gilt der Hinweis nicht für eine Strecke von sechs Kilometern, sondern nur für die Zufahrtsstraße zum Schloss und zum KUMU (Kunstmuseum).

Hallo Nicoletta,

ja, man darf sich auch was von der Stadtschreiberin wünschen ... Ich werde mal sehen, ob mein Bilderfundus noch was hergibt.

Hallo Tathi,

so ist es. Die Brautpaare mit Kindern sollten das Fotografieren einfach ins Museum verlegen. (Gestern war ich wieder im Park und habe gleich drei Hochzeitsshootings beobachten können - Freitag und sonniges Herbstwetter!)

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